Elsass

2 Tage im märchenhaften Elsass, unsere Reisetipps

Geschmeidiger lässt sich der Einstieg in den Alltag unserer französischen Nachbarn kaum schaffen. Nach vielstündiger, anstrengender Anreise aus dem Norden Deutschlands erinnert eigentlich nur noch das Wetter an unsere Heimat: Es ist kalt, grau und regnerisch.

Der Mix aus französischen und deutschen Bezeichnungen erleichtert die Ankunft. Was sofort auffällt, alle Ortschaften, die wir durchfahren, wirken belebt. Läden mit Auslagen, schmucke Siedlungen, gepflegte Infrastruktur. Der Anblick von Geisterstädten bleibt uns erspart. Das Elsass lebt, jedenfalls hier und jetzt.Und das inspiriert uns natürlich zu unseren Reisetipps.

Unterwegs ohne Plan, reisen wir  gerne spontan

Wir sind ohne festen Reiseplan unterwegs, lassen uns 2 Tage spontan und von Lust und Laune leiten. Unsere Basis finden wir übrigens in einer ausgezeichneten Unterkunft nahe Munster, die wir über airbnb mieten. Die nächsten Tage erkunden wir unsere Umgebung. Gemütlich cruisen wir durch Ortschaften, die atmosphärisch mehr mit den Gebrüdern Grimm zu tun haben, als mit der Hektik der Moderne. Rotkäppchen, wenn es hier auftauchte, oder das tapfere Schneiderlein würden uns gar nicht verblüffen. Stress entsteht nur auf einigen Bezahl-Parkplätzen, die an ein Relikt der Vergangenheit erinnern, das eigentlich längst überwunden sein sollte: Raubrittertum.

Eigentlich verdient jeder Ort, anzuhalten und spontan besichtigt zu werden. Aber 48 Stunden reichen kaum, alles Sehenswerte zu besuchen. So wählen wir Orte aus, die auf ihre Art typisch für das Elsass sind und mit unterschiedlichen Eindrücken aufwarten. Die Reihenfolge der Besuche ist beliebig, Wetter und Zeit bestimmen unseren Tourverlauf. Und gleich ein Tipp: Will man ohne Umwege zum historischen Kern eines Ortes kommen, heißt es: Finde die Kirche.

Gueberschwihr

Wir beginnenmit unseren Reisetipps im Städtlein Gueberschwihr. Schon aus der Ferne sichten wir den hochragenden Turm der Kirche Saint Pantaleon. Ein eindrucksvoller Bau, entstanden zu Beginn des 12. Jahrhunderts, mit einer Leidensgeschichte, die ihm heute nicht mehr anzusehen ist. Denn mit den Restaurierungen, die 1874 begannen und immer fortgesetzt wurden, wenn es finanziell passte, ist heute der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt. Nur wenig Besucher verlaufen sich in den verwinkelten Gassen rund um die Kirche. Aber die Stimmung ist perfekt. Bunte Fachwerkhäuser, Weinstuben und Winzergehöfte brauchen keinen Trubel, um zur Geltung zu kommen. Authentisch ist es und ungekünstelt. Märchenstadt eben zwischen Hänsel, der Gretel oder Nosferatu.

Eguisheim

In der Hierarchie der empfohlenen Orte rangiert Eguisheim eine Stufe höher. Der stetige Strom von Touristen erlaubt der Gemeinde den Luxus eines Bezahlparkplatzes. Der ist obligatorisch und kostet 3 €, verspricht aber einen Spaziergang durch eine autobefreite Altstadt. Tatsächlich sind die Fachwerke hier noch farbiger und die vielen Andenkenläden verraten, in Eguisheim boomt der Tourismus. Allerdings in einer erträglichen Form. Gleich am Eingang zum Ort ist das Büro der Touristeninformation. Tipp Nummer 2: Gratis-Stadtpläne gibt es immer, oft sogar mehrsprachig. Der Eguisheim-Plan zeigt einen fast kreisrunden Ort, eingefaßt von Bürgerhäusern. Man sollte unbedingt die Runde begehen. Im Zentrum befinden sich eine Burg und eine Kapelle. Weltliche und spirituelle Macht, quasi Aug‘ in Aug‘, sich gegenseitig kontrollierend. So war es im Mittelalter, das hier in all seiner Pracht für uns konserviert ist.

Störche, Störche, und nohmals Störche!

Übrigens, schon am Tag unserer Ankunft im Elsass fällt uns auf: wir sind im Storchenland. Auf Dächern, Türmen und Wiesen sehen wir die Langschnäbel und hören ihr Klappern. Damit nicht genug, in jedem Souvenirshop hängen Storchenbilder und -puppen. Kein Wunder also, dass wir auch beim Stopp in Turckheim brütende Paare entdecken, obwohl wir eigentlich nur wegen der historischen Bauwerke hier sind: Der Kirche mit mehrfarbigen Schindeln, ein Meisterwerk der Dachdeckerkunst sowie dem turmartigen Stadttor, das mächtig und sehr alt wirkt.

Colmar

Den gefühlt längsten Stopp machen wir in Colmar. Egal, wo man im Elsass ist, alle Wegweiser zeigen dorthin. Colmar hat viel zu bieten, jedenfalls im historischen Kern, der von einer modernen Stadt umzingelt ist. Den Stadtplan brauchen wir kaum. Alle Sehenswürdigkeiten sind bestens ausgeschildert. Obwohl heute ein normaler Wochentag ist, sind die Straßen voller Besucher. Nicht überfüllt, wir können alles ausführlich betrachten.

Zu den Reisetipps gehören das legendäre Gerberviertel und die Fischerstaden, malerisch gelegene Häuser am Fluss, einst Heimat von Fährleuten und Fischern. Gleich dort erstreckt sich „Klein Venedig“, das Quartier rund um den Fluss, mit kleinen Aussichtsbooten, die gemütlich durch Colmar tuckernd andere Perspektiven eröffnen. Wer hungrig ist oder Lust hat auf Einkaufen braucht die Altstadt nicht zu verlassen. Viele historische Gebäude beherbergen Restaurants und Einzelhandel. Keine Ketten mit Allerweltswaren, sondern Boutiquen und Fachgeschäfte mit Spezialitäten.

Ammerschwihr

Oft überraschen uns Sehenswürdigkeiten ganz spontan. Etwa in Ammerschwihr, einer winzigen Winzerstadt. Die fällt uns im Vorbeifahren auf mit ihrem beeindruckenden Turm, der „La Porte Haute“. Dahinter liegt eine ansehnliche, mittelalterliche Ortschaft, geprägt vom Leitmotiv des Elsass, dem Weinanbau. Schilder vor den Höfen weisen auf Winzer hin, von deren Existenz wir keinen Schimmer haben. Dazu fehlen uns einfach die Insiderkenntnisse. Jetzt in Frühjahr ist alles geruhsam, aber vermutlich wird zur Verköstigungssaison hier ein riesiger Bohei entstehen.

Kaysersberg

Kaysersberg, wie mögen die Franzosen das wohl aussprechen, ist eines der Highlights der Region. Mittelalter pur und Geburtsort Albert Schweitzers. Die Stadt fasziniert uns so, dass wir versäumen, nach Schweitzers Geburtshaus Ausschau zu halten. Kaysersberg existiert seit Beginn des 13. Jahrhunderts und war bedeutend wegen Handel, Handwerk und seiner Weine. Der 30-jährige-Krieg brachte die Katastrophe, von der sich die Stadt erst im 19. Jahrhundert erholte. Im 2. Weltkrieg erneut beschädigt, wurde Kaysersberg nach Kriegsende schnell wieder aufgebaut und gilt heute als Schmuckstück des Elsass.

Riquewihr

Waren wir bis jetzt überzeugt, dass die Region es schafft, Traditionen und kulturelle Besonderheiten authentisch zu vermitteln, belehrt uns Riquewihr, dass es auch anders geht. Die Stadt ist so etwas wie das Disneyland des Elsass. Der Overload an gewollten Effekten und geballtem Kitsch hat nahezu asiatische Dimensionen. Der Charme, den anderswo die Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart ausmacht, fehlt gänzlich. Alles ist reduziert auf überbetonte touristische Effekte und unbedachte Stilbrüche. Ob den Besuchermassen, die mit großen Bussen herangekarrt werden, klar ist, dass für sie eine Karikatur des Elsass aufgeführt wird? Bei uns erwecken solche Inszenierungen Fluchtgedanken.

Hunawihr

Da erfreuen wir uns lieber an der schlichten Präsenz der Festungskirche in Hunawihr. Malerisch eingebettet zwischen Weinbergen, ist „Saint-Jacques-le-Majeur“ schon von weitem erkennbar. Die Anlage aus dem 15. Jahrhundert wurde am 15.04.1520 zum Wallfahrtsort, weil sie Schauplatz diverser Wunder war. Unter anderem wird die Verwandlung von Brunnenwasser zu Wein bezeugt, oder war es eher umgekehrt? Wie auch immer, das eigentlich erstaunliche ist wohl, dass die Kirche von lutherischen und katholischen Gläubigen gemeinsam genutzt wird. Nicht gleichzeitig, das schaffen sie wohl nie, aber immerhin im Wechsel.

Ribeauville

Unbedingt zu eine Tour durchs Elsass gehört der Besuch von Ribeauvillé. Eine typische und authentische Stadt, die schon deswegen Spaß macht, weil sie voll am Leben teilnimmt und nicht zu einem Freiluftmuseum modelliert wurde. Überragt wird Ribeauvillé von drei Burgen und im Ort selbst findet sich eine Wallfahrtskirche.

Das alles zu besichtigen, reicht unsere Zeit dieses Mal nicht, denn schon der Bummel durch den Ort ist nicht ganz einfach. Es gibt einfach zu viel, das den Besucher ablenkt: Spezialitätenläden, gute Lokale, pittoreske Fachwerkhäuser und dekorative Brunnen. Ideal wäre, den Autoverkehr ganz auszusperren, aber das lässt sich kaum praktisch umsetzen. Ribeauvillé ist ja nicht nur eine Besichtigung wert, sondern gleichzeitig eine lebendige Ortschaft, mit Verwaltung, Schulen und Wohnvierteln.

Elsass in 48 Stunden lässt uns die Region ans Herz wachsen. Nicht nur seine geschichtlichen Sehenswürdigkeiten. Da lebt eine Kultur, die auch die Sinne und den Magen erfreut. Die lange Weinbautradition hat die Entstehung vieler Leckereien gefördert. Käse, Fleischgerichte, Pasteten, wohlschmeckendes Brot und Patisserie. All das ist Teil des Besuches. Obendrein besteht hier viel Raum für Aktivitäten über alle Jahreszeiten, dazu regt bereits die Landschaft an, die Mittelgebirge andeutet. Vor uns liegen die Vogesen. Das alles macht Lust auf mehr, schon deswegen, weil das Elsass verkehrstechnisch gut erreichbar ist.

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