Fischland-Darß-Zingst-2

Dieser Reisebericht entstand nach einer Pressereise zu der die Tourismusverbände von Mecklenburg-Vorpommern und Fischland-Darß-Zingst eingeladen hatten. Für die Berichterstattung wurden keinerlei Vorgaben gemacht.

Teil 2:

Kennt Ihr das, man kommt an einen Ort, den man lange nicht besucht hat, aber alles sieht jetzt anders aus? “Da war doch mal … und ey, wo ist denn das geblieben?” Wenn man solche Situationen systematisch aufarbeitet und illustriert, lässt sich daraus unter dem Motto „vorher – nachher“ eine eindrucksvolle Tour organisieren. Eine originelle Zeitreise, ohne Fluxkompensator und DeLorean, nur Impressionen. So wie der Ort Wieck a. Darß es mit seinem Postkartenpfad macht.

Möglich ist das, weil es Jörg Pagel gibt, der gezielt Ansichtskarten aus den Anfängen des Bädertourismus aufstöbert, die seinerzeit, als die Post noch modern war, an die Lieben daheim versendet wurden. Mit ihm treffen wir uns und radeln zusammen die Stationen der historischen Motive ab, gucken und lassen uns erzählen, wie es früher war. Wie beim Kunstpfad in Ahrenshoop sind auch hier die Ansichten direkt dort aufgestellt, wo sie einst entstanden. So hat der Betrachter beides im Blick, das Früher und das Heute. Wer die Region besser kennenzulernen will, gönnt sich so eine Tour, die bei den Reemtsmahäusern endet. Dort hat Jörg Pagel noch eine Anekdote, die nach wie vor aktuell anmutet, obwohl sie ein Jahrhundert auf dem Buckel hat. Um Steuern geht es und darum, was passieren kann, will man lästige Abgaben vermeiden. Aber das soll er selbst erzählen.

Immer wieder ein Höhepunkt bei jeder Reise durch die Region …

… Fischland-Darß-Zingst bleibt die Natur, mit Meer, Strand-, Küsten- und Dünenlandschaften, dem Brackwassergebiet Bodden, Kulturlandschaften, Salzwiesen, moorigen Untergründen, Wald und dem umfassenden Nationalpark. Zugang zum Wasser haben wir von fast allen Orten.

So ziehen wir über Natursandstrände, vorbei an wildromantischen Küsten und glitzernden Wellen. Schauen über den Bodden den Kranichen hinterher, wandern vorbei an krummen Kiefern und Sanddornbüschen, durch Waldquartiere wie in Graal-Müritz, wo wir fast geneigt sind, Schuhe und Strümpfe auszuziehen, um den Barfußweg unter den Sohlen zu spüren, wäre es jetzt gerade nicht so kühl.

Bewirtschaftete, domestizierte Gehölze sind in Deutschland ja die Regel. Aber hier an der Ostsee gibt es auch noch den urwüchsigen Wald, mit unberührten Gebieten. Einsame Pfade und Rückzugsgebieten für Wildschweine, Rehe und Hirsche. Tatsächlich haben Besucher auf Fischland die besten Chancen, Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Wo die geeigneten Stellen sind, verraten unsere Gastgeber gerne.

Oder man besucht einmal in Born das Forst- und Jagdmuseum Ferdinand von Raesfeld.

Angekommen bei der Alten Oberförsterei möchte man fast abdrehen, weil ihr Anblick eher bescheiden daherkommt; hier wird gerade restauriert. Bitte, lasst Euch nicht abschrecken, geht rein und macht die Führung mit. Mit etwas Glück trifft man die Museumsleiterin Nicola Nibisch, eloquent und hochkompetent. Sie versteht es, den Exponaten Leben einzuhauchen und kann mit tollen Forstgeschichten und Hintergrundinformationen aufwarten. Übrigens, das kleine Museum beherbergt einen Schatz, der europaweit, vielleicht sogar global, einmalig ist: Das originale Präparat zweier Hirsche, im Brunftkampf untrennbar verhakt. Gemeinsam segneten sie das Zeitlichen und wurden so von Waldarbeitern gefunden.

Tja, Tiere als Objekt der Beobachtung, sind wohl etwas Wunderbares. Aber als Begleiter im Alltag, können Tiere, die höher sind als ein Schemel und einen selbst sogar noch gewaltig überragen, zumindest für den eingefleischten Großstädter eine ambivalente Herausforderung sein. So eine Begegung steht uns bevor; wir besuchen das Gut Kafka, genauer: den Reiterhof! Denn nicht nur auf Schusters Rappen und auf dem Drahtesel sind wir unterwegs, es soll auch hoch zu Ross sein.

Der Reiterhof Kafka in Born auf dem Darß…  

… bietet dafür die besten Voraussetzungen. Vom Stall aus heißt es, lassen sich natürliche Reitgebiete in Wald und Wiesen in 10 Minuten erreichen. Aber schlechtes Wetter zwingt uns in die große Reithalle. Bei der Ankunft fällt unser Blick auf ein ausgesprochen freundlich dreinschauendes, bescheidenes Huftier im Windschatten besagter Halle: Knuffelig, stämmig und gerade so hoch, dass ein ausgewachsener Mann, wenn er drauf sitzt, mit den Beinen noch den Boden berühren könnte. Das Tier muss leider draußen bleiben.

Erwartet werden wir von der Trainerin Julia und ihrer Kollegin, die hier das Sagen haben, sowie einer Reihe riesiger Pferde, der Rasse “mein Gott, sind die groß”.

Eine Mischung aus Demut, Respekt, Mut und Unternehmungsgeist macht, dass ich mich kurz darauf mit Helmkappe neben einem Roß wiederfinde. Es wirkt seltsam abgeklärt und  unternimmt nichts dagegen, als ich aufsteige. Tiziana, so heißt die Stute, glänzt passend in Schwarz und akzeptiert überraschenderweise sogar die Signale, die ich mit Zügel und Beinen aussende. So wie es mir erklärt wurde. Was für ein Gefühl, ich kann machen, dass Tiziana nach links, rechts oder geradeaus läuft, schneller wird oder langsamer und sogar stehen bleibt, wenn mir danach ist. Eine perfekte Premiere.

Wie viele andere Regionen Deutschlands erinnert sich auch Fischland-Darß-Zingst …

… wieder seiner Spezialitäten, die fast vergessen waren, an regionale Produkte, die heutzutage wieder erfolgreich erzeugt werden. Wir erleben auf einem kulinarischen Pfad offene Türen, wo jeder eingeladen ist, sich selbst ein Bild zu machen, über Arbeitsmethoden sowie die hohe Wertigkeit der eingesetzten Zutaten. Und wenn uns am Ende die exzellente Qualität eines fertigen Produkts rundum überzeugt, dann wissen wir, das hat vor allem mit der fachlichen Kompetenz und der Begeisterung der Menschen zu tun. Auch mit viel Arbeit und Liebe zum Erzeugnis. Sicher, das hat seinen fairen Preis, aber bei solchen Angeboten fällt es nicht schwer, mitzunehmen, was die Reisetasche ein wenig fülliger macht und den Geldbeutel ein bißchen leichter.

Auf Reisen ist für uns auswärtig Essen gehen eigentlich die Regel und über die Jahre ist dadurch ein gutes Gespür für Speisekarten entstanden. Was in Fischland-Darß-Zingst auffällt, viele Restaurants nennen explizit die Herkunft von Zutaten, die oft aus dem Umland stammen. Fleisch etwa lässt sich bis zur Weidewiese und Fisch bis zum Fischer zurückverfolgen.

Derart sensibilisiert freuen wir uns, im Laden der Ostseemühle Langenhanshagen …

… einen Querschnitt von Produkten zu finden, auf die man hier zurecht stolz ist. Es herrscht gemütliche Dorfladenatmosphäre, sogar ein Markt mit bunten Ständen kleiner Erzeuger findet heute statt.

Glückes Geschick, ein unaufdringlicher, informativer Rundgang durch die Ölmühle, wo Kerne, Nüsse und Saaten gepresst und verarbeitet werden, ist zeitlich mit drin. Überwältigt, wieviele Ölsorten, hier hergestellt werden, und verblüfft, dass es dazu, quasi als Nebenprodukt, auch die passenden Mehle gibt, beschäftigt mich jetzt die Mitbringselfrage. Sanddorn auf jeden Fall und – ja, klar es ist snobistisch – Drachenkopföl, dessen Existenz mir bis heute nicht mal bekannt war.

Nicht weit von der Ostseemühle, in der ehemaligen Schloßgärtnerei von Schlemmin,

finden wir ein weiteres echtes Kleinod der Region. Eines das dir  bereits beim Betreten das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und später Tränen in die Augen treibt. Wir sind in der Senfmühle von Ivonne und Michael Kostroß, einer der wenigen, die es in Deutschland heutzutage gibt. Es gibt kaum noch Betriebe wie diesen, die voller Überzeugung und mit Liebe zum Produkt, so engagiert aus absolut naturbelassenen Zutaten Senf herstellen. Herz der Produktion ist die große Steinmühle. Was dort kaltvermahlen herauskommt, nach alten Rezepten oder selbst entwickelten neuen, dann ohne Konservierungsstoffe gemischt und abgefüllt wird, ist nicht weniger als ein kleines irdisches Paradies für Senfliebhaber. Übrigens, alles darf gekostet werden. Nach etwa 25 Proben höre ich auf, mitzuzählen. Welche Sorten den Weg in die Mitbringseltasche finden, wird nicht verraten, schließlich möchten wir niemand werbend beeinflussen. Aber, unter uns: Der Mühlensenf-klassisch-mittelscharf, hat das Zeug unter den Senfen das zu werden, was der Golf bei den Autos ist.

Ohne Salz ist das Leben nicht süß” heißt es …

und ohne den Salzmann hat man die Region nicht kennengelernt, sagen wir nach dem Besuch des Salzturmes von Trinwillershagen. Dort hat das Ehepaar Karin und Axel Günther seit dem Jahr 2010 ein eigenes Salzimperium aufgebaut, das inzwischen schlichtweg eine Sehenswürdigkeit ist. Es darf auf keiner Rundreise fehlen. Salz, das wissen wir jetzt, ist mehr als nur ein Stoff zum Würzen.

Im Salzreich der Günthers steht ein Turm, der von außen schlicht wirkt, aber es in sich hat, nämlich 32 Tonnen Natursalzziegel und -fliesen. Verarbeitet zu einer ästhetischen Wohlfühloase finden hier Menschen mit Atemwegs- und Hauterkrankungen Linderung durch Verrieselung salzhaltiger Sole, die permanent ein gesundheitsförderndes Klima erzeugt. Selbst wer nur wohltuend entspannen will, fühlt sich hier gut aufgehoben. Und wenn der Salzmann und seine Salzfrau erzählen, kommst Du ziemlich schnell zur Einsicht, dass der konventionelle Salzbestand, den Du im Salzfässchen zuhause hast, wohl schleunigst entsorgt werden muss. Weil er gerade noch dazu taugt, im Winter vereiste Wege abzutauen. Auf den Punkt gebracht: industriell produziertes Salz schadet uns, Natursteinsalze dagegen sind für die Gesundheit essentiell.

In der Besucherküche darf jeder die Salze verkosten …

… die teils von weit her eingeführt werden. Oder an einem Workshop mitmachen, bei dem ein individuelles Salz gemixt wird, mit Zusätzen von Gewürzen und Kräutern aus eigenem Anbau. Mein Spezialsalz, entstanden aus Zutaten wie Himalayagebirgssalz, Rosenblüten, Ingwer und Minze, bleibt übrigens ein Unikat. Ich vergesse leider beim mixen die Mengenangaben zu notieren, es soll aber tolle Eigenschaften besitzen. Dafür erhält es den treffenden Namen “Salt of the Earth”. Zusammen mit einigen anderen Spezialiäten auf bester Salzbasis, begleitet es mich nach Hause.

Fischland-Darß-Zingst ist und bleibt für uns die große touristische Wundertüte, die bei jedem Besuch neue Seiten zeigt. Eine Region, in die wir gerne zurück kommen.

Hier könnt Ihr den 1. Teil unseres Berichtes noch einmal nachlesen.

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