Ho Chi-Minh City / Saigon

Reisetipps Ho Chi Minh City. Das vormalige Saigon, immer noch ein Gegenpol zur Hauptstadt. Oft schimmert noch koloniales Erbe durch

Istanbul war früher mal Konstantinopel. New York hieß einst Nieuw Amsterdam. Und Prei Nokor, das Dorf im Wald, wurde zu Saigon, bevor es den Namen Ho Chi Minh City bekam. Ob und wie nachhaltig diese Umbenennung den Charakter der Stadt, die wir jetzt besuchen, verändert hat, können wir schlecht einschätzen. Keiner von uns uns beiden war ja bisher hier. Aber fast automatisch verknüpfen wir in unserer Vorstellung Zitate aus Filmen und Romanen zu einem eher französischen Stadtbild von Ho Chi Minh City (HCMC). Dazu kommt die Erwartung, perfekte Baguettes zu finden, was uns weiter nördlich bisher nicht gelungen ist.

Für ein ausgedehntes Besichtigungsprogramm der Stadt fehlt uns die Zeit

Dafür nehmen wir uns vor, Eindrücke zu sammeln. Bis auf eine Sehenswürdigkeit, die wir gezielt anfahren, machen wir das bei Spaziergängen durch die Nachbarschaft, natürlich in einem Radius, der unserer Fitness entspricht. Wer uns kennt ahnt, da kommen zweistellige Kilometerleistungen zusammen.

HCMC ist erstmal ein Kontrapunkt zur Hauptstadt Hanoi und natürlich vergleichen wir

Hoffentlich ohne dabei Äpfel an Birnen zu messen. Größenmäßig halten sich beide Metropolen in etwa die Waage. Ihre Einwohnerzahlen liegen um die 6 Millionen. Gefühlt gibt es allerdings im ehemaligen Saigon mehr Motorräder und einen Stadtverkehr, der um einige Grad unbarmherziger ist. War die höchste Herausforderung für unsere Nerven in Hanoi die Altstadt, ist es hier in HCMC quasi jeder Boulevard, den wir passieren. Um sechs Spuren in die eine und sechs in die andere Fahrtrichtung zu queren, braucht man als Fußgänger schon den Support durch Ampelanlagen. Tatsächlich werden die roten Stoppsignale oft respektiert, aber eben nicht immer. Wer sich in Sicherheit wiegt und losmarschiert ist Anwärter für den Darwin Award

Im Höllentempo durch die Stadt

Aber wir wollen fair bleiben. Fest entschlossen, einmal die Perspektive zu wechseln, schnappen wir uns zwei Grab Bikes für eine Fahrt zur Pagode des Jade Kaisers. Grab-Taxi-Bikes sind hier höchst populär und lassen sich über eine App bestellen, was bei den technik-affinen Asiaten schon die halbe Miete ist. Praktisch kriegt man damit jederzeit unkompliziert ein Motorradtaxi, um günstig und schnell von A nach B zu kommen. Oder man macht es wie wir und spricht die Fahrer in den grünen Jacken und den Helmen mit dem Grablogo an, wenn sie irgendwo parken. Kurze Absprache über’s Ziel, Beifahrerhelm aufgesetzt und den Sozius bestiegen. Dann geht die wilde Jagd los. Unsere Fahrer sind Profis, die tagtäglich nichts anderes tun, als Verkehr zu bezwingen und Lücken zu nutzen. Geschwindigkeit und Geschick, sicher auch eine Portion Frechheit, braucht es, um im Getümmel ganz vorne mitzumischen. Zeit ist Geld, Fahrer die im Stau hängen, verdienen weniger. Wir genießen die Fahrt durch den aufregenden Verkehr aus dieser Perspektive; man sie sich vorstellen wie eine horizontale Achterbahnfahrt. Der Fahrpreis ist unschlagbar günstig, umgerechnet 1,50 € pro Person für knapp 5 km, ohne feilschen zu müssen.

Die Jade-Kaiser Pagode, vor der wir stehen, ist nach der Höllenfahrt ideal für ein Dankgebet

Der Tempel, zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet von der chinesischen Diaspora Saigons, hat nichts von einem musealen Besichtigungsobjekt sondern ist in erster Linie der Ort, wo Gläubige um Beistand und Glück im Alltag bitten und wird deswegen stark besucht. Der Schrein, der sich unauffällig in das Straßenbild einfügt, enthüllt erst wenn man eingetreten ist, seinen ganzen mystischen Charme. Schon auf dem blumengeschmückten Vorplatz wabern Schwaden von Räucherstäbchen, die hier bündelweise abgefackelt werden. Ganz stimmungsvoll geht es in der Pagode selbst zu, mit Statuen geheimnisvoll anmutender Kreaturen rechts und links des Eingangs, vielen Gläubigen und bartgeschmückten Figuren im Altarbereich. Der ist bereits gefüllt mit den Gaben seiner Anhänger: Geld, kitschigem Nippes, aber auch Getränken, Bierdosen, Lebensmitteln. Ja auch ein göttliches Wesen hat so seine Bedürfnisse.

Der Eintritt ist übrigens frei und wie an allen sakralen Orten sind Spenden gerne gesehen

Weg kommen wir nach eingehender Besichtigung ganz unspektakulär zu Fuß; die Orientierung in dieser Stadt lässt sich schnell begreifen.

HCMC im Spaziergang ist immer auch ein wenig Survival-Training, denn der natürliche Feind des Fußgängers, der Motorradfahrer, kommt nie zur Ruhe.

Wir beginnen eine unserer Touren am Saigon Fluss

Gegenüber dem Hotel Majestic, das einen Eindruck gibt, warum HCMC einst als eleganteste und kultivierteste Stadt Asiens galt. Kriege und Revolutionen hat der Bau überlebt, auch seine kurzfristige Umbenennung und den Status als staatliches Gästehaus. Ein anderes berühmtes Hotel werden wir auf unserem Rundgang ebenfalls sehen, nahe der Oper, das noch ehrwürdigere Continental, wo Graham Greene im Zimmer 214 seinen Roman „Der stille Amerikaner“ schrieb, der später verfilmt wurde. Eigentlich auch ein Film, den man sehen sollte.

Neugierig erkunden wir den 1. Stadtbezirk, finanzielles, kulturelles und politisches Zentrum von HCMC. Unübersehbar ist natürlich der Bitexo Financial Tower, lange Zeit höchstes Gebäude Vietnams und immer noch einer der stilvollsten architektonischen Blickfänger. Schon der Blick aus der Froschperspektive ist atemberaubend.

Für Schwindelfreie: Blick über die Stadt

Der schwindelfreie Teil von W.E.G wagt die superschnelle geschmeidige Liftreise hinauf zum Saigon Skydeck in der 49. Etage. 200.000 Dong kostet der Besuch der Plattform, mit ihrem 360 Grad Blick über die Stadt. Das Erlebnis soll sich lohnen.

 

Von hier aus ist es nicht weit zum Nguyen Hue Boulevard, wo es sich sogar schlendern lässt; der breite Mittelstreifen ist ausgebaut zur Fußgängerzone. Beide Seiten des Boulevards sind befüllt mit Läden, Banken und Restaurants.

Zum Entspannen bietet sich das „Café Apartment“ an

Das Gebäude, auf den ersten Blick etwas unansehnlich, ist aber als Gesamtkonzept selbst eine Sehenswürdigkeit: Auf 10 Etagen verteilen sich dort die unterschiedlichsten Cafés und Bistros, auch einige Boutiquen, für jeden Geschmack etwas. Von außen wählen wir, wo wir sitzen wollen, der 4. Stock, mit dem „8sien“ wirkt einladend. Natürlich geht’s zu Fuß durch das abenteuerliche Treppenhaus. Unsere Wahl bestätigt sich als hervorragend. Das Café hat einen tollen Balkon, klasse Getränke, appetitliche Snacks und freundlichen Service. Vor allem, hier oben ist es total verkehrsberuhigt, die Geräusche der Straße verlieren sich unter uns und die Aussicht ist göttlich.

Nicht nur der Boulevard, auch die Nebenstraßen locken zum Bummeln

Es gibt einkaufstechnisch nichts, was es nicht gibt. Kleine Spezialitätengeschäfte und natürlich die Großen der Branche, Namen, die wir aus Europa kennen, von A wie Adidas bis Z wie Zara. Auch teuerster Luxus ist vertreten und irgendwo erspähen wir den allergrößten H&M Laden überhaupt, in einem mächtigen Wolkenkratzer.

Urbane Sehenswürdigkeiten finden wir immer wieder. Etwa das prächtige Gebäude am Kopf des Nguyen Hue Boulevards, Sitz des Volkskomitees und Rathaus. 

Von hier aus biegen wir nach rechts, die Dong Khoi hinunter bis zur katholischen Kathedrale Notre Dame, die wir regelmäßig von Touristen umlagert vorfinden.

Auf Sichtweite befindet sich ein anderes historisches Gebäude, die Zentrale Post

Art Deko meets Uncle Ho, das Amt ist allemal einen Besuch wert, auch wenn man erst im Nachhinein erfährt, dass es dort immer noch den greisen briefschreibenden Übersetzer gibt, der Teil des Mobiliars geworden ist, aber dermaßen dezent, dass er nicht einmal uns auffällt.

Von den vielen Märkten, die es in HCMC gibt, wählen wir exemplarisch den Ben Thanh Market aus, der ebenfalls im 1. Bezirk in der Le Loi Street liegt. 100 Jahre alt ist er und untergebracht in einem klassischen Bau. Den Eingang mit der charakteristischen Fassade finden wir auf Anhieb. Egal durch welches Tor man die alte Halle betritt, innen gibt es Wegweiser zum Haupttor. Die braucht es auch, im Markt verliert man leicht die Übersicht, es wuselt vor Menschen. Das Angebot ist umfassend, Du kannst praktisch deine gesamten Einkäufe auf einmal erledigen, angefangen von Textilien, Hausrat, Schmuck und Möbeln sowie Trink- und Verzehrbarem in jeder Form.

Als europäisch geprägter Fußgänger unterwegs

Da unterliegt man leicht dem Irrglauben, einigermaßen von anderen Verkehrsteilnehmern unbehelligt zu bleiben, solange man sich auf dem Bürgersteig bewegt. Das ist definitiv falsch. Dieses Refugium gehört quasi allen anderen, nur nicht uns. Motorräder parken dort und preschen frech durch, wenn auf der Fahrbahn nichts mehr geht, Händler und Handwerker nutzen die Flächen gerne gewerblich und schließlich gibt es noch die Nachbarschaften, mit ihren Trottoir-Siestas und geselligen Meetings. All das und noch viel mehr ist städtisches Vietnam, da ähnelt HCMC wieder ganz stark der Hauptstadt im Norden.

Aus allen Eindrücke während unseres kurzen Aufenthaltes in HCMC Empfehlungen ableiten zu wollen, die morgen noch gelten, ist schwierig in einer Stadt, die so dynamisch ist und sich täglich verändert. Was heute noch Baustelle ist, wird morgen zur Infrastruktur sein, wie die Metro die gerade entsteht. Wer die Stadt besucht, darf sich aber noch darauf verlassen: Die Bäcker hier sind besser als anderswo und dichter bei der Wahrheit, wie ein gutes Baguette beschaffen sein muss.

Sa Pa ,  Ha Giang Dong Van Plateau , Hanoi, Cat Ba / Halong Bay, Hue, Ninh Binh, Hoi An, Ho Chi Minh City

Schreibe einen Kommentar