Cenotes

So wie alles auf Yukatan irgendwie mit den Mayas zu tun hat, ist die Existenz dieses Volkes ohne die Natur und Landschaften ihrer Siedlungsgebiete nicht vorstellbar. Dabei hatten sowohl die Sonne als auch das Wasser für sie eine ganz besondere, ja sogar spirituelle Bedeutung. Beide Elemente waren nicht nur unverzichtbar für das Überleben jedes Einzelnen. Sie waren auch die Grundlage Ihrer Weltanschauung, sowie der Kitt für die Entwicklung und den Erhalt ihrer Gemeinschaft.

Der Kult um die Sonne lässt sich augenfällig an den großartigen Tempelanlagen nachvollziehen, die wir auf Yukatan finden. Genauso augenfällig präsentieren sich auch die Stätten, die für das zweite Element, das Wasser stehen. Wir begegnen ihnen zwar vielerorts, denken dabei aber zuallererst nicht an Kulte und Anbetung, sondern erfreuen uns an den tollen Anblicken. Die Rede ist von den Cenoten. Ein Begriff aus der Maya-Sprache, der so viel bedeutet wie „heilige Quelle“. Was die moderne Geologie als natürliche Grube oder Doline beschreibt, die entsteht, wenn Kalkdecken einstürzen und Grundwasser freigelegt wird, waren nach den Vorstellungen der Maya die Münder des Regengottes Chac, der die Unterwelt bewohnt.

Es ist nahezu unmöglich durch Yukatan zu reisen, ohne auf Cenoten zu treffen. Auf 10.000 wird ihre Zahl geschätzt und sie sollen unterirdisch über ein Höhlensystem verbunden sein. Viele sind nur wenige Meter tief, andere über 100 Meter. Eine Besonderheit macht diese Orte für uns attraktiv, nämlich die Klarheit des Wassers, das im Sonnenlicht die schönsten Färbungen annimmt. Nicht wenige Cenoten sind phantastische Wunderwerke der Natur, die auch als solche zur Besichtigung freigegeben sind. Dass sie ganz nebenbei von den Einheimischen als natürliche Hallenbäder genutzt werden, wie bei uns öffentliche Bäder, merken wir bald. Und haben natürlich Badezeug dabei, wenn es zum Besuch geht.

Angetan haben es uns die Cenoten, die über ihre lokale Bekanntheit hinaus Berühmtheit gewonnen haben. Ihre Eintrittspreise liegen zwischen 80 – 125 Pesos pro Person und haben sicher etwas mit der jeweiligen Optik und vor allem dem Erlebnisfaktor zu tun.

Cenote Suytun

Unterirdisch über eine feuchte Steintreppe in die Tiefe erreichbar, natürlich erst, nachdem wir Eintritt bezahlt haben und unsere Rettungswesten in Empfang genommen haben. Die sind obligatorisch, soll doch niemand dem Betreiber Fahrlässigkeit vorwerfen können, plumpst man ins Becken. Suytun wirkt wahrlich märchenhaft, die Öffnung in der Decke lässt das Tageslicht genau an der richtigen Stelle ankommen. Dort – Zufall oder Schicksal, wer weiß das schon genau – befindet sich eine kleine Insel, die über einen Steg mit der Umrandung verbunden ist. Eine Stelle für Instagrammer wie geschaffen. Klar entstehen Staus, wenn wieder eine Gruppe ausführliche Sessions zelebriert.

Cenote Oxman

Gelegen in einer Art Hazienda findet sich hier das ganze Repertoire, eine erlebnisreiche Zeit zu verbringen. Im Außenbereich befinden sich neben einem offenen Swimmingpool mit Sonnenliegen eine Bar und ein Restaurant. Der Krater der Cenote ist von oben einsehbar. Der Blick hinab ist göttlich, jetzt verstehen wir auch die Verehrung, welche die Mayas solchen Orten widmeten.

Über eine Treppe geht’s hinab bis an den Wasserbereich. Der ist ganz auf Badespaß ausgerichtet: Über einer Plattform ist ein Seil befestigt, mit denen man sich einem Tarzan gleich ins Dunkel schimmernde Nass schwingen kann. Hier halten wir uns am längsten auf.

Cenote Samula

Würde ein Architekt ein Naturbad konstruieren, wäre diese Höhle das perfekte Vorbild: Herrlich schimmerndes türkisblaues Wasser unter einer gewaltigen Kuppel. Durch eine Öffnung in der Decke fällt das Sonnenlicht direkt auf das Wasser und lässt es in wunderbarem Blau schimmern. Die Temperaturen konstant, das Wasser wunderbar weich, sind das nicht die Zutaten, die es braucht für das perfekte Spa und Schönheitsbad? So wird es jedenfalls auch von den Besuchern genutzt, die hier gerne im familiären Pulk oder als Freundesgruppe ihre Freizeit verbringen.

Cenote X-Keken

Nur einen kleinen Spaziergang entfernt von der benachbarten Cenote Samula ist dieses kleine unterirdische Paradies. Keine Frage, wer baden will, kommt hier auf seine Kosten, umgeben von bizarren Gesteinsformationen. Das geologische Sahnehäubchen in dieser Höhle sind aber die mächtigen, tropfsteinartigen Ausformungen, die von der Decke bis fast hinunter zur Wasseroberfläche reichen.

Cenote Ik Kil

Sie gehört zu den bekanntesten Wasserhöhlen und hat wohl die höchsten Besucherzahlen. Ein Grund dafür ist sicher die geringe Entfernung zur Maya-Stätte Chichén-Itzá. Viele Touristen verbinden die Besichtigung der Ruinen mit einem Badespaß und buchen dann eine Kombination von beidem. Das haben wir im Hinterkopf und steuern die Cenote pünktlich zur morgendlichen Öffnung, also um 9:00 Uhr an. Der Parkplatz ist noch leer, aber erschreckend groß. Ist der voll besetzt, entfällt eine durchschnittliche Wassermenge auf jeden Gast, die gerade mal ein Schnapsglas füllt.

Jetzt um diese Zeit entfaltet sich die ganze Schönheit der Cenote für eine Handvoll Gäste. Die Höhle ist von oben einsehbar und gehört mit einem Durchmesser von 60 Metern zu den größten auf Yukatan. Die steilen Ränder sind bewachsen mit efeuartigen, grünen Pflanzen. Ein märchenhaftes Bild. Zum Wasser im Ik Kil geht es über steile Stufen, ganze 26 Meter hinab in die Tiefe. Dunkel schimmert der See in unergründlichen Farben, und Schwärme schwarzer Fischlein sind im kristallklaren Wasser zu erkennen. Das alles lädt zum Baden ein. Allerdings ist das Erlebnis nur so früh möglich. Ab 10:00 Uhr heißt es, sich in endlose Warteschlangen einzureihen. So schreiben es jedenfalls Besucher, die das erleben mussten.

Die Infrastruktur rund um die Cenote ist hervorragend. Kein Wunder, ein Hotelresort ist hier angesiedelt, mit Bars und Restaurants. Auch Übernachtungen sind möglich, vielleicht sogar mit der Chance separater Besuchszeiten, von denen die Besuchermassen ausgeschlossen sind. Übrigens, auf dem Grund der Cenote sollen auch Schätze gefunden worden sein. Aber wer schafft schon, ohne Geräte 50 Meter zu tauchen. So tief ist die Cenote nämlich.

Cenote Zaci in Valladolid

Manchmal liegt das Gute ganz nahe. Etwa die stadteigene Cenote Zaci, die mitten im kleinen Valladolit zu finden ist. Der Eingang liegt in der Calle 39, zwischen der 34. und 36. Straße. Jede Stadt könnte sich glücklich preisen, so ein wunderschönes Naturbad zu besitzen. Die Cenote hat einen Durchmesser von rund 25 Metern. Nahe der Oberfläche ist die Cenote umrahmt von einladenden, schattigen Ufern. Baden, sitzen, entspannen in schönster Umgebung und das alles für einen Eintritt von günstigen 30 Pesos.

Die Cenoten bei Bacalar

Neben den geschlossenen, höhlenartigen Cenoten finden sich auf Yukatan auch solche, die weniger spektakulär anzuschauen sind. Geologisch betrachtet handelt es sich gleichfalls um Wasserlöcher, die unterirdisch gespeist werden. Aber es fehlt das Gewölbe und damit die besondere Optik, die so eine Cenote wie einen verwunschenen Ort ausschauen lässt.

Platt gesagt, unterscheiden sich diese Wasserstellen kaum von normalen Seen, wie wir sie schon überall gesehen haben. Trotzdem wird dem Wasser eine ganz spezielle Qualität nachgesagt. Damit die erhalten bleibt, wird auch hier Wert darauf gelegt, dass keine Chemie hineingetragen wird, wie etwa durch Sonnenschutzmittel. Die Besonderheit der Cenote Azul ist nicht nur ihre herrlich blaue Farbe des Wassers, sie ist mit 90 m auch eine der tiefsten Cenoten überhaupt.

Wer auf Yukatan Cenoten besuchen will, findet fast an jedem Ort eine oder mehrere Münder des Regengottes Chac. Und offen gesagt, wir sind auch gar nicht darauf aus, ihn emsig bei der Arbeit zu erleben. Schließlich ist einer der Gründe unserer Reise, die Flucht vor dem Winterwetter in der Heimat.

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