Von Kunming nach Shangri-La

Unterwegs in Yunnan. Nach Kunming, Dali, Shaxi, Lijiang bis Shangri La, per Bahn, Taxi und auch mit dem Autobus

„Durch Reisen wird man klug.“ Wenn es das als Sprichwort noch nicht gibt, nehmen wir es in unsere Zitatensammlung auf, denn es erweist sich immer wieder als richtig. War uns im Vorfeld unserer China-Reise noch vieles unklar, gewinnen wir jeden Tag mehr Sicherheit und trauen uns auch mehr zu, insbesondere was die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angeht.

Die Buchung von Zugfahrten ist mit trip.com denkbar komfortabel

Die Abholung gekaufter Tickets an irgendeinem Bahnhof klappt immer; es genügt Buchungsbestätigung und Reisepass vorzulegen. Zusätzliche Gebühren müssen wir nirgends bezahlen. Da Züge in China immer pünktlich abfahren, empfiehlt es sich, etwa eine halbe Stunde vorher am Bahnhof zu sein, um einzuchecken. Dann einfach im richtigen Warteraum bereit sein, wenn zum Einsteigen aufgefordert wird, auf der Anzeigetafel leuchtet dann die Zugnummer grün. Waggon- und Sitzplatznummer stehen auf der Fahrkarte in arabischen Ziffern, also für uns lesbar. Auch wenn wir uns nicht preussisch korrekt auf dem Bahnsteig in die richtige Schlange einordnen, man verzeiht uns solche groben Schnitzer. Angeherrscht werden immer nur die Chinesen, wir bekommen ein asiatisches Lächeln.

Schwerpunktmäßig sind wir jetzt unterwegs in der Provinz Yunnan

Und nun sitzen nun im Zug von Kunming nach Dali. Der startet übrigens vom zentralen Bahnhof und nicht vom Nordbahnhof, wo wir zwei Tage zuvor eingetroffen waren. Obwohl der zentrale Bahnhof nicht ans U-Bahn Netz angeschlossen ist, erreicht man ihn sogar im morgendlichen Berufsverkehr relativ gut. Die Bahn haben wir gewählt, weil uns das am Bequemsten scheint. Früher dauerte die Fahrt nach Dali mehr als 5 Stunden, heute benötigt der Hochgeschwindigkeitszug für die 170 km gerade mal gute 2 Stunden. Beim Fahren kommt wenig Nostalgie auf. Von wegen, man sitzt im Zug und lässt die Landschaft gemütlich vorbeiziehen. In China wird gesaust und etwas zu sehen gibt es nur, wenn sich zwischen Auge und Außenwelt keine Tunnelwand befindet. Immerhin bekommen wir ansatzweise mit, dass die Trasse durch herrliche Natur gebaut wurde.

Der Bahnhof Dali liegt in der Neustadt Xiaguan und ist ein Endbahnhof

Noch jedenfalls, in China geht ja alles rasend schnell. Es ist geplant, die Trasse fortzusetzen, bis hoch in die Berge. Wir müssen jetzt zur Altstadt Dali, die noch etwa 12 km entfernt ist. Die Optionen: Bus oder Taxi. Wir entscheiden uns für die Fahrt mit dem Auto, die 60 Yuan kostet. Soviel Bequemlichkeit darf gerne sein. Das touristisch genutzte Areal der Altstadt, zu dem wir wollen, ist nur eine Straßenbreite entfernt von unserem Hotel. Wie es uns dort ergeht, könnt Ihr hier lesen.

Die Weiterfahrt nach Shaxi, einst an der Route von Karawanen, buchen wir am Traveldesk unseres Hotels

Mit dem Minivan soll die Fahrzeit nur gute 2 Stunden dauern. Um dort den berühmten Freitagsmarkt besuchen zu können, nehmen wir die Abfahrzeit 9:00 Uhr. 160 Yuan bezahlen wir, also gehobene Preisklasse. Dann Pech auf ganzer Linie – oder Absicht? Der Van kommt nicht. Erklärung: Das Fahrzeug habe eine Panne. Nur seltsam, keine anderen Passagiere sind betroffen. Da erscheint dem Veranstalter doch so ein technischer Defekt wie ein Geschenk des Himmels, er muss sich nur um uns beide kümmern. Im Ergebnis werden wir dann weitergereicht über langsame, nicht ganz so bequeme lokale Busse. Wir kommen verspätet an und wissen, dass wir zu viel bezahlt haben, Fahrpreiserstattung oder -reduzierung gibts nämlich nicht.

Wie wir Shaxi dann erleben, lest ihr hier nach.

Wir setzen unsere Reise fort, zu einem touristischen Schwergewicht, der Stadt Lijiang

Früh lassen wir uns vom Taxifahrer zum Busbahnhof in Jianchuan bringen. Das dauert 50 Minuten und kostet 100 Yuan. Das Umsteigen in den kleinen lokalen Bus, klappt ohne Wartezeit. Wir bezahlen für die Tickets 58 Yuan. Unsere bisherige Erfahrung sensibilisiert uns für das, worauf wir uns einstellen müssen, nämlich eine Umgebung, in der Rücksicht gegenüber Anderen keine Tugend ist, sondern überflüssiger Ballast und jeder sein Ding macht, mit viel Lärm. Soweit die Norm, aber heute tobt im Bus der Wahnsinn. In den nächsten 90 Minuten finden wir uns in einer Szenerie wieder, die in eine psychiatrische Abteilung spielen könnte.

Reiseimpressionen unterwegs in Yunnan

Die Mutter eines hyperaktiven Söhnchens nimmt mit ihrem Mobilphone das Heck des Busses in Geiselhaft. Abgespielt werden schrille Kinderprogramme, die den Jungen lauthals jodeln lassen. Zwei Stationen später steigt Konkurrenz zu, eine Familie mit Kleinkind, selbstredend mit Handy. Das plärrt in Endlosschlaufen und brachialer Lautstärke Lieder im Teletubbies-Stil. Dann ist da noch der schräge Typ eine Reihe vor uns, der permanent mit seinen Nüssen spielt und dabei ein unheimliches, hohles Schnarren erzeugt. Aus der Mitte heraus palavert jemand über alle Köpfe hinweg im Brüllton mit dem Busfahrer und ganz vorne telefoniert einer, der überzeugt ist, dass sich Entfernungen zum Gesprächspartner nur durch Schreien überbrücken lassen. Das alles übrigens vor einem klassischen Klangteppich aus Rotz- und Kotzgeräuschen. Unsere mobile Klappsmühle erreicht, wie auch immer, Lijiang pünktlich. Haben wir schon gesagt, dass wir bei der Anfahrt auf die Stadt, in der Ferne schneebedeckte Bergkuppen sehen?

Und zum nachlesen, hier unser Bericht über Lijiang.

Unsere nächste Etappe führt zur Tigersprungschlucht

Sie ist gut von Lijiang dem Mekka des Massentourismus, erreichbar. Der Bus startet früh um 8.00 Uhr vom Busbahnhof, die Tickets kosten pro Person 17 Yuan. Gebremster Wahnsinn: Die Frau mir gegenüber entscheidet sich, einen Actionfilm anzusehen. Martialische Kampfgeräusche und das Todesröcheln erschlagener Schurken, ergänzt durch die in chinesischen Bussen üblichen Spuckgeräusche, untermalen unsere Fahrt und die Wildheit der Landschaft entlang des Jangtse.

In zwei Stunden erreichen wir Qiaotou, wo für viele Wanderer der Einstieg in die Region beginnt und der Ticketbeamte bereits lauert, uns 45 Yuan für die volle Eintrittskarte und 22,50 für das Seniorenticket abzunehmen. Wir nutzen die Gelegenheit und einen praktisch veranlagten Busfahrer, der flexibel agiert und uns für 150 Yuan weiterfährt bis zum Tibet Guest House am Ende der Schlucht. Dort können wir unser Gepäck deponieren. Danach setzt er uns am Einstieg für den High Trail ab. Wir verabschieden uns von ihm und gehen die bergige Höhe der Schlucht an.

Wie unsere Trekkingtour mit Übernachtung durch die Tigersprungschlucht verläuft könnt Ihr hier nachlesen.

Alles hat ein Ende, auch so eine Tigersprungschlucht

Mit dem Guesthouse arrangieren wir den Transfer, der uns nicht über die Standardverbindung sondern einen besonderen Weg zu unserem nächsten Ort, nach Shangri-La bringt. Mit dem SUV unserer Wirtsfamilie kostet die sechsstündige Fahrt 700 Yuan. Dafür bekommen wir Besonderes geboten, nämlich den Roadtrip durch überwältigende Landschaft mit fantastischen Ausblicken auf Bergriesen, wie den Mt. Haba, natürlich ohne den nervenden Soundtrack eines Linienbusses.

Diese Strecke ist wirklich um Klassen eindrucksvoller als einige Tage später die Rückfahrt über die Normalroute. Vor allem haben wir als besonderes Highlight einen Stop bei den Kalkterrassen, den White Water Terraces in Baishuitai nahe Sanba vorgesehen, die wir auf diesem Weg recht bequem erreichen. Mehr dazu in unserem Artikel zu Shangri-La.

Die Tour vorbei an Dörfern, die nicht einmal auf maps.me verzeichnet sind, bergauf und bergab über endlose Serpentinen, ist für jeden Naturfreund ein Erlebnis. Irgendwann ändern sich die Formen der Häuser, es wird jetzt tibetischer. Diese großen massiven Bauten könnten auch in Lhasa stehen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Herden von Yaks und kleinen Hochlandpferden, auf Weideflächen, die bis zum Horizont reichen.

Bald sind wir in Shangri La, der – was die Bevölkerungsstruktur angeht – wohl tibetischsten Stadt Yunnans auf 3.200 m

Wer nun einen verträumten, mystischen Ort erwartet liegt total daneben. Hier ist alles weitläufig wie eine Hochlandsteppe, nur dass dort, wo Felsen und Sträucher sein sollten, eintönige Häuserreihen in Pseudotibet-Architektur die endlosen Autostraßen flankieren. Wir lassen uns am Rand der Altstadt absetzen, die für den Verkehr gesperrt ist und navigieren uns mehr schlecht als recht über holpriges Pflaster zu unserem Hotel.

Wie es uns in Shangri-La ergeht, könnt Ihr hier lesen.

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