Über Rückfahrten und -blicke

Tschüss Naher Osten. Letzte Tage. Haifa Caesarea Tel Aviv. 5 Stunden Rückflug, Zeit für das Fazit dieser Reise

Haifa in Galiläa ist die vorletzte Station für uns, nicht nur in Israel sondern im Nahen Osten. Es gibt noch kleine Episoden, die unsere bisherigen Eindrücke von Land und Leuten bekräftigen. Etwa vom gierigen Parkplatzbesitzer in Haifa, dem es nicht genügt, unseren Mietwagen zum höchsten aller Preise auf seinem Gelände parken zu lassen. Nach einer Nacht des Nachdenkens ist er fest entschlossen, das Doppelte des zuerst abgemachten Preises zu verlangen. Seine Chancen, dass wir zahlen sind geringer, als er sich das ausmalen kann. Wir bleiben unbeeindruckt, kokettieren ein wenig mit dem Wort “Police” und freuen uns, dass dieser Begriff weltweit benutzt und auch verstanden wird.

Wir haben noch schönes Wetter, nutzen den Strand in Haifa solange als möglich

Am vorletzten Reisetag treten wir die Rückfahrt an. Die Strecken sind kurz; Israel gehört nicht zu den Flächenstaaten dieser Welt. Wir machen einen Schlenker über Caesarea, das keine 10 Minuten neben dem Highway liegt, malerisch am Mittelmeer. Die Kulisse ist heute besonders eindrucksvoll, das Wetter spielt mit und präsentiert uns ein aufgewühltes, vom Sturm gepeitschtes Mittelmeer. Traumhafte Motive für die Kamera, die ja vor kurzem einen elektronischen Infarkt erlitten hat und sich seitdem nur noch sehr eingeschränkt bedienen lässt.

Dass in Caesarea Gruppenreisende günstiger an Tickets kommen als Einzelreisende wurmt uns immer noch. Wir machen den Fehler, falsch aufzutreten. Wie hätte die Ticketverkäuferin wohl reagiert, wenn wir uns als Minigruppe W.E.G., bestehend aus 2 Leuten, vorgestellt hätten?

Einen Tag haben wir noch in Tel Aviv. Irgendwie vermittelt es eine gewisse Vertrautheit, wenn man einige Tage zuvor schon mal am gleichen Ort war

Das Viertel, wo wir unterkommen, kennen wir bereits. Wir orientieren uns mühelos, erkennen Straßen wieder, finden die Wege zum Strand und zum Markt. Auch hier tobt der Sturm, ohne dass wir einen Temperatursturz beklagen müssen. Im Vergleich zu unserem Zuhause ist es hier noch fast sommerlich.

Nahe beim Hotel finden wir abends ein Restaurant, das israelische Hausmannskost anbietet. Und es schmeckt uns. Das Preis-Leistungsverhältnis wirkt angemessen, hier lässt es sich gemütlich sitzen und der Wirt ist ausgesprochen freundlich.

Am nächsten Vormittag nutzen wir die wenigen Stunden und die günstige Lage unseres Hotels, noch einmal zum Strand zu gehen. Die Wellen sind auch heute hoch, Surfer haben ihren Spaß und wir den unseren, als wir ihren halsbrecherischen Aktionen zuschauen.

Für Anfahrt und Abfertigung am Flughafen kalkulieren wir 4 Stunden ein

Das scheint viel, aber das Zeitfenster schrumpft ziemlich, weil die Abläufe am Flughafen Ben Gurion unseren Schwung in Zeitlupe verwandeln. Klar, alles aus Gründen der Sicherheit und Israel hat kaum Alternativen, als penibel und sorgfältig zu kontrollieren. Nur, in Menschenschlangen warten zu müssen, ist immer etwas anderes, als dort seinen Job zu machen und für die Zeit bezahlt zu werden.

Übrigens, Tel Aviv hat nicht nur einen der sichersten Flughäfen weltweit, sondern auch einen der teuersten. Wir fragen uns, was die Duty Free Waren wohl kosten würden, wären darauf noch Abgaben zu entrichten und geben unsere letzten Schekel für Wasser und zwei Handvoll Kekse aus. Die kleinen Münzen gehen als Trinkgeld an den Putzmann.

Fast 5 Stunden Flugzeit, ohne Unterhaltungsmedien wie Movie, Musik oder Black Jack, die wir im Lowcost Carrier auch nicht erwarten, lassen Raum, für einen Rückblick auf unseren Nahost Besuch. Jedes Land isoliert zu betrachten, Vergleiche und Bewertungen auszublenden, macht keinen Sinn für einen Reiseblog.

Noch sind die Eindrücke frisch und ungetrübt vom Schleier des Ausblendens. Äpfel mit Birnen wollen wir nicht vergleichen, wohl aber Jordanien mit Israel. Dazu sortieren wir, was uns aufgefallen ist:

Gesamtbild

Die Monarchie Jordanien wirkt auf uns ländlich, rustikal. Industrie und moderne Strukturen prägen das Land partiell nur dort, wo es urban ist. Hier muss noch viel entwickelt werden. Versorgung mit Energie und Trinkwasser, Digitalisierung der Kommunikation, das Warenangebot, öffentlicher Verkehr, Zustand von Straßen und Unterkünften, all das hat viel Potenzial, das noch ausgeschöpft werden darf. Im Gegensatz hat Israel zurecht den Anspruch, hochentwickelt zu sein. Seine Infrastruktur unterscheidet sich kaum von westlichen Industrieländern und der Übergang von der Agrar- zur Hightech-Nation ist nahezu vollzogen. Die Versorgung funktioniert lückenlos. Das fühlt sich an wie Westeuropa oder USA.

Pluspunkt? Eigentlich Geschmacksache. Manche Reisende mögen es All-Inclusive, alles soll so sein wie daheim, andere mögen es rudimentär und suchen den Simple Way of Life.

Landschaften und Sehenswürdigkeiten

Das nimmt sich im Vergleich eher wenig. Beide Länder haben fast identische geografische und klimatische Bedingungen. Sogar das seltsame Biotop Totes Meer verteilt sich gleichmäßig auf beide Länder. Und die kulturhistorische Entwicklung fand ja immer in größeren Räumen statt. Was Ägypter, Nabatäer, Römer, Byzantiner, Kreuzfahrer und Osmanen hinterließen, hat mit den heutigen Grenzziehungen nichts zu tun. Die Staaten der Region wurden ja erst durch die Briten und die Vereinten Nationen generiert. Was wir unterwegs an Sehenswürdigkeiten finden, ist im Ergebnis von gleicher Qualität. Ihrem Schutz widmen Israel und Jordanien die gleiche hohe Priorität. Nuancen gibt es, aber die möge jeder selbst bewerten, wir haben ja dazu eine Menge geschrieben.

Tourismus

Beide Länder bemühen sich, es Reisenden leicht zu machen. Jordanien, so unser Fazit, ein wenig mehr als Israel. Entscheidend in diesem Punkt ist der Service. Da hat Israel im Vergleich zu Jordanien weniger zu bieten. Oft haben wir den Eindruck, dass die Menschen im israelischen Dienstleistungssektor wenig mit dem Herzen bei der Sache sind und ihren Job distanziert nach Vorschrift machen, Herzlichkeit lässt sich kaum verordnen. Ganz im Gegensatz zu den Jordaniern, die sich meistens erkennbar persönlich engagieren und immer bemüht sind, es uns gut gehen zu lassen. Für Israelis scheint das ein Nebenaspekt zu sein, den sie mühelos vernachlässigen.

Gastlichkeit

Überwältigend ist die ausgeprägte Gastfreundschaft der Jordanier. Wir haben tolle Erlebnisse, wo uns Menschen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, helfen. Wir werden spontan bewirtetet und haben das Gefühl, dass man sich aufrichtig für uns interessiert. Das sind normale Leute aus dem Volk. Ja, sogar Tourismusprofis sind flexibel, entgegenkommend und oft bereit, pragmatisch etwas zu regeln, wo wir in Israel auf wenig Verständnis gestoßen wären. Echte Gastlichkeit findet sich zwar auch in Israel, aber eher als Ausnahme denn als Regel und als Besucher ist man dann von ihr besonders überrascht. Vielleicht hängt die israelische Mentalität mit der permanenten Bedrohung zusammen. Aber gerade dann wäre doch logisch, wenn im Innenverhältnis mehr Empathie und Solidarität das Miteinander prägten. In Zeiten der Not steht man doch zusammen und kultiviert nicht seinen Egoismus.

Die Sache mit den Preisen

Keine Frage, Reisen im Nahen Osten lassen den Budgettouristen schnell an seine wirtschaftlichen Grenzen stoßen. Das muss man wissen und als bittere Pille schlucken. Was der Tourist erst unterwegs lernt ist, Preisforderungen kritisch zu hinterfragen und gnadenlos zu feilschen. Für Jordanien waren wir präpariert, werden aber oft angenehm überrascht. Anders in Israel. Weil das Land auf den ersten Blick westlich wirkt, werden wir ohne Deckung kalt erwischt. Die Mentalität, andere Leute über den Tisch zu ziehen, ist weit verbreitet. Immerhin leiden Einheimische darunter genauso wie der ausländische Besucher. Schade eigentlich, es macht keinen Spaß, ständig im Misstrauensmodus zu sein.

Würde uns heute jemand vor die Alternative stellen, entweder nur in Jordanien oder nur in Israel herum zu reisen, tendieren wir dahin, Jordanien den Zuschlag zu geben. Es war gut, beide Länder zu erleben und unterm Strich war es doch eine höchst interessante Zeit. Ob wir zurückkommen, liegt in den Sternen, die Welt hat ja noch so viele Ecken zu bieten, die wir nicht kennen.

Unser naher Osten

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