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Varanasi

ein und dieselbe Stadt am Ganges. Es war die erste Stadt, die wir in Indien besucht hatten und die einzige, die wir ganz bewusst wieder bereisten und wahrscheinlich die Stadt, die wir noch weitere Male sehen werden. Als eine der ältesten Städte Indiens gilt sie den Hindus als heiligster Ort. Letzteres war für uns nicht der primäre Anlass dort erneut aufzuschlagen. Nennen wir es Flair oder Atmosphäre oder was auch immer, Varanasi wirkt wie eine Art Magnet, der bei den meisten Menschen den Wunsch auslöst, zurück zu kommen.

Würde man uns in stockdunkler Nacht in Varanasi aussetzen, es bräuchte keine 3 Minuten und wir wüssten, wo wir wären. Varanasi hat einen enorm hohen, fast sensitiven Wiedererkennungswert; unsere Sinne speichern ja Gerüche, Geräusche, das Wabern der Umgebung, ja sogar das Gefühl unter den Fußsohlen, wenn man auf hubbeligem Untergrund steht und all das ist hier sehr speziell.

Unterkunft sucht der Reisende am besten möglichst nahe am stadtseitigen Ufer des Ganges, bei den Ghats. Das sind mit Treppen versehene Zugänge, wo Hindus den Fluss zum Baden nutzen oder ihre Toten verbrennen. Hier spielt sich alles ab. Das Leben, die Mystik und der Tod. Und hierher drängt es jeden. Vor allem Pilger, die in Massen und das seit Jahrtausenden, die Stadt besuchen, vielleicht sogar nach dem Motto „Varanasi sehen und sterben“, heißt es doch, wer hier das Zeitliche segnet, würde direkt durchgereicht ins Nirvana und fände damit finale Erlösung.

Mag es anderswo langweilig, vielleicht mitunter sogar sterbenslangweilig sein, für den Touristen, hier in Varanasi findet genau das Gegenteil statt. Da ist zunächst die Stadt selbst, mit ungezählten Tempeln, Schreinen, heiligen Orten. Mit gewaltigen Bauwerken am Ufer des Ganges, manche davon dekadent und halb verfallen, aber doch imposant und würdevoll. Das muss man sich als Besucher erarbeiten und dazu bietet sich eine geführte Tour an, bei der es in Begleitung eines Ortskundigen durch die verwinkelten Gassen geht. Wenn der Führer außerdem noch sprachkundig ist, erfährt der Besucher eine Menge über die Traditionen und Strukturen des Hinduismus, der diesen Ort zu dem geformt hat, was wir heute erleben.

Die Bilder sind beeindruckend, manche auch befremdlich und das betrifft nicht nur die Verbrennungs-Ghats, die rund um die Uhr in Betrieb gehalten werden.

Wie immer sind es aber die Menschen, die einem Ort den entscheidenden Ausdruck verleihen. Hier in Varanasi sind es die offiziellen Priester, Brahmanen, vor allem aber die inoffiziellen heiligen Männer, die Sadhus. Das sind Asketen, Wandermönche oder einfach nur abgefahrene klerikale Freaks, die sich abenteuerlich ausstaffieren, wenn sie nicht einfach nur nackig und mit Asche beschmiert, herum hängen. Viele suckeln an Chillums, um sich durch Hasch oder Ganja (Marihuana) die heilige Inspiration zu verschaffen. Es scheint ihnen erlaubt und unvollstellbar, was passieren würde, wenn sich die Obrigkeit mit den heiligen Männern anlegen wollte. Die Hoffnung des Touristen, Sadhus seien so „stoned“, dass sie ihre Umgebung nicht wahrnehmen, erfüllt sich allerdings nicht. Kaum bemerken sie, dass jemand sie fotografieren möchte, fahren sie die geöffnete Hand aus und verlangen Honorar. Wenn man überlegt, wie umständlich im Westen Urheberrechte und das Vermarkten des eigenen Bildes geregelt sind, hier funktioniert es unmittelbar und knallhart. Wer sportlich drauf ist, mag versuchen, die Sadhu zu überlisten. Manchmal gelingt es sogar.

Nicht nur die Heiligen und die Pilger bevölkern das Ufer. Händler, Bettler und Masseure finden sich hier, auch Schlepper, die jeden, der sich auf sie einlässt, zum Laden des Onkels bringen und natürlich ungezählte Bootsführer, die drängen, mit ihrem Kahn eine Fahrt auf dem Ganges zu machen.

Apropos Masseure! Wichtigste Lektion, die ein Besucher sofort lernt: reiche nie jemand, der dich anspricht, die Hand. Es könnte ein Masseur sein. Sie ergreifen deine Hand, deinen Arm und ringen dich blitzschnell auf eine Matte nieder, wo sie dir eine Ganzkörpermassage verabreichen. Zu stolzen Preisen übrigens.

Bevor es Abend wird in Varanasi, sollte man unbedingt den Blue Lassi Shop im Basarviertel besucht haben. Ist nicht schwierig, jeder kennt die Adresse. Und mit etwas Glück findet man einen Sitzplatz und kann sich durch das Angebot an köstlichen Frucht-Joghurt-Kreationen dem Genuss hingeben.

Der Abend in Varanasi, konkreter: Jeden Abend findet am Dasashwarmedh Ghat, dem lebendigsten und farbenprächtigsten aller Ghats in Varanasi, eine aufwendige Ganga-Aarti Zeremonie mit Puja, Feuer, Glockengeläut, Musik und Tanz statt. Ein sehr stimmungsvolles Spektakel, das im Freien, direkt am Ufer des Ganges, abgehalten wird. Eine wahre Orgie an Räucherstäbchen, Lichtern und Gesängen. Besucher dürfen das miterleben und sich untermischen.

Das alles und wohl noch viel mehr machen Varanasi zu einer Stadt, die unter die Haut geht. Das bei einem einzigen Besuch zu erfahren, ist nahezu unmöglich. Es braucht die Zeit und die Geduld, sich einzulassen. Auch die Pause, um die Eindrücke zu verarbeiten.

Auch das ist Varanasi – Street Art entlang des Ganges

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