Unterwegs mit dem Maggi-Express

Unterwegs bei den Laoten. Mit dem Maggi Express. Begleitet unsere Reise Grauen unterwegs erlebt, unglaublich was es in diesen Bussen gibt

Auch Reisen nimmt uns kaum aus der Wirklichkeit heraus und natürlich ist es nicht immer eine Märchenwelt, die man unterwegs erlebt. Das ist uns eigentlich schon seit Jahren klar. Dass es manchmal genügt, die idyllische Decke nur ein wenig anzuheben, .

Eines der Übel ist es, regionale Produkte durch industriell gefertigte Ersatzstoffe abzulösen und über die Globalisierung der Märkte einzuschleppen. Die Verdrängung der Sojasauce durch Maggi ist so ein Prozess, der überall in Südostasien zu beobachten ist. Nun gut, wer so eine Glutamatbatterie im Restaurant vor sich auf dem Tisch sieht, kann die Finger davon lassen; was in den Küchen vor sich geht, wissen wir meistens nicht. Den Profiteuren dieser Verdrängung, etwa dem Nestle-Konzern, machen selbst Skandale, wie der um die Schadstoff belasteten Maggi-Nudelsuppen in Indien, kaum etwas aus. Maggi verkauft sich nach wie vor wie geschnitten Brot.

Was Maggi mit unserer Reise überhaupt zu tun hat?

Nichts, dachten wir bis gestern, als wir uns aufmachten, von Thakhek nach Pakse zu fahren.

Wie üblich hatten wir uns zum Busbahnhof bringen lassen. Dort wartete der Reisebus bereits, Türen und Gepäckklappen offen. Wie üblich teilten wir unsere Aufgaben: Einer wartet bei den Taschen, der andere steigt ein und kümmert sich um Sitzplätze. Aber irgend etwas war heute seltsam, denn noch bevor unser Gepäck verstaut war, rief mich Christiane mit einem “das musst du sehen” in den Bus. Der Anblick war überwältigend: Der gesamte Innenraum des Busses war mit Kartons belegt: Die gesamte Rückwand, der Durchgang zwischen den Sitzreihen, die Fläche unter den Sitzen, ja selbst der spärliche Fußraum. Alles war voller Kartons. Einige Passagiere saßen bereits mit angezogenen Beinen auf ihren Plätzen und das, obwohl uns eine Reise von fast 8 Stunden erwarten sollte. 8 Stunden mit angezogenen Beinen auf dem Sitz kauern, da kannst Du mitzählen, bis zum ersten Wadenkrampf oder Thrombose-Anfall.

Wir für unseren Teil zogen es vor, uns wenigstens die Beinfreiheit zu verschaffen

Etwas was  wir mit dem Busticket erworben hatten und begannen den Boden vor uns freizulegen. Sehr zum Verdruss des Fahrers und seines Busbegleiters, die ihren Bus gerade erst mit den Kartons befüllt hatten. Nach einer kleine verbalen Rauferei entschieden wir, trotz fehlender Sprachkenntnisse, die Situation für uns. Andere Fahrgäste, zumeist Laoten aber auch einige Ausländer, ergaben sich in ihr Schicksal.

Was war eigentlich geschehen? Der Busfahrer hatte eine Geschäftsidee, bei der die einträgliche Passagierbeförderung mit dem lukrativen Speditionsgewerbe verbunden wird. Also doppelter Profit. Auf Kosten der Passagiere zwar, aber wen kümmert im heutigen Laos schon das Schicksal von Menschen, wenn es um Geld geht. Die Fuhre bestand aus gut 250 Kartons, gefüllt mit jeweils 12 Flaschen a 700 ML, Maggi Flüssigwürze.

Umzingelt von geschätzten 2.100 Litern Maggi in 3.000 Flaschen aus dem Hause Nestle fuhren wir los

Natürlich erst, nachdem auch der letzte Sitzplatz besetzt war. Um das Maß voll zu machen, wurde auch der Mittelgang mit Fahrgästen belegt, die auf Kartons kauern mussten. Nicht ungefährlich übrigens. Die gesamte Karton-Rückwand des Busses kam bei jeder Bodendelle oder Bremsung arg ins Schwanken. Um nicht getroffen zu werden, mussten die Leute, die davor saßen, die Kartons immer wieder stützen und zurückschieben.

Die Fahrt entwickelte sich zum Horrortrip beim nächsten Stop

Der Busfahrer und sein Begleiter beförderten das gesamte Gepäck aus den Stauräumen unter dem Bus aufs Dach. Dann wurde in einer Seitenstraße zusätzliche Ladung in den Bus gestapelt. Weitere Kartons wurden in die Gepäckräume und weil das nicht ausreichte, auch im Bus auf die Maggi Flaschen gestapelt. Damit war der Mittelgang zum Teil bis auf Schulterhöhe verstellt. Offenbar hatte der Busfahrer sich einen weiteren Frachtauftrag geangelt. Der Bus, überladen wie er war, wackelte mit einer weiteren Verspätung weiter. Die wenigen Proteste der ausländischen Fahrgäste wurden ignoriert.

Erschreckend, dass ganz offensichtlich die Profitgier eines Busfahrers mehr zählt, als Komfort und Sicherheit seiner Passagiere

Noch erschreckender, es gibt keine Stelle, die ein Reisender um Unterstützung einschalten kann. Weder Polizei noch Aufsicht der Busbehörde treten je in Erscheinung.

Nach langen, klaustrophobischen 8 Stunden warf der Fahrer alle Ausländer weit außerhalb der Stadt noch vor Erreichen des Busbahnhofs aus dem Bus, indem er kurzerhand das Gepäck auf die Straße stellen liess. Der Maggi-Express setzte seine Fahrt zu den Abgabestellen der kostbaren Karton-Fracht ohne uns fort. Ein Tuk-Tuk brachte uns alle, dicht gedrängt auf kleinster Fläche, in das Stadtzentrum von Pakse. Tja, auch auf die schwärzeste Nacht folgt ein Morgen.

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