Ein delikates Thema

Unterwegs am Welttoilettentag. Entdeckt mit uns die dunklen Seiten der WCs. Grauen, tust Du am falschen Ort zum falschen Zeitpunkt, was dein Körper befiehlt

oder …

Das Unaussprechliche aussprechen, das Unbeschreibliche beschreiben, erklären, warum ein delikates Thema mit Delikatessen nur mittelbar zu tun hat.

Wer könnte das besser, als ein gestandenes Travellerpaar, das viel erlebt hat und sich herausnimmt, alles, was ihm widerfährt, aus der Perspektive kritischer Lebenserfahrung zu beurteilen.

Schon weil wir selbst berichten und unsere Erfahrungen zum Besten geben, lesen wir natürlich auch, wie es anderen Reisenden ergeht, die dort unterwegs sind, wo wir bereits waren oder vorhaben, bald vorbei zu schauen. Am liebsten sind uns Beiträge, die ganz konkret auch auf praktische Fragen des Reisealltags eingehen. Wir wollen erfahren, was eine Reise kostet, wie man sich am besten vorbereitet, welche Fehler man vermeiden sollte. Weil wir keine Lust oder Zeit haben, das Rad immer zum zweiten Mal erfinden zu müssen. Viele Anregungen haben wir schon erhalten, dafür danken wir.

Was mir aufgefallen ist, gewisse Themen werden (fast) nie berührt; es scheint sie nicht zu geben

In der bunten Welt der Blogger gibt es nicht, was uns tagtäglich immanent begleitet. Egal wo wir gerade sind. Es geht um den Stoffwechsel. Nicht etwa den von Tieren, deren Weg wir kreuzen und uns erfreut rufen lässt: “Alle mal herschauen, Elefanten-Losung!” Ja, wir meinen unseren eigenen Stoffwechsel, den biologischen Kontrapunkt zur Nahrungsaufnahme, auf das was am Ende rauskommt, wenn wir wohl gespeist haben. 

Fern der Heimat, fern der eigenen 4 Wände, fern der gebuchten Unterkunft ein drängendes Bedürfnis zu verspüren, ist gar nicht so trivial, wie das jetzt klingen mag.

Nicht jede Location ist, was die Infrastruktur der öffentlichen WCs angeht, so optimal aufgestellt wie die Superstadt Singapur. Was Hygiene, Benutzerfreundlichkeit und Wohlfühlfaktor von Toiletten angeht, ist Singapur in jeder Hinsicht vorbildlich. Möglicherweise wird das durch Japan noch getoppt, wo ja angeblich Reinigungsflüssigkeit, angewärmt auf die Körpertemperatur des Benutzers, aus vergoldeten Düsen gesprüht wird.

Es sind aber nicht diese Topkloaken, die uns beschäftigen, sondern das andere Ende der Skala, die dunklen Seiten der WCs, das Grauen, welches den Reisenden erwartet, wenn er am falschen Ort und zum falschen Zeitpunkt das tun will, was ihm sein Körper befiehlt zu tun.

Indien! Das unglaubliche Land fällt jedem ein, der schon einmal dort war, wenn wir über das unausgesprochen Entsetzliche berichten

Sicher, wir wissen um die immensen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die das Land bewältigen muss. Gleichwohl geht einem nicht aus dem Kopf, dass es in Großstädten meilenweit Wände gibt, die zwar die Häuser von der Außenwelt abgrenzen sollen, aber eigentlich nichts anderes als gigantische Urinale sind. Obwohl Plakate unübersehbar klarmachen, dass hier niemand sein Geschäft verrichten dürfe, passiert es. Unablässig, unverschämt öffentlich, Spuren hinterlassend und Bau-Substanz vernichtend. Nein, so schlimm war es noch nie um uns bestellt, dass wir uns dort einreihen mussten.

Was tun?

Allerdings sind die Alternativen immer dann, wenn man kein Restaurant der gehobenen Klasse findet, wo man zur Tarnung des eigentlichen Besuchszwecks cool ein Lassi ordert, um dann zu fragen, wo man sich zunächst die Hände waschen kann, dünn gesät. Die stillen Örtchen in den Gasstätten der unteren Klassen sind erbarmungswürdig. Selbst ein passionierter Sitzpinkler wie ich, bleibt aufrecht stehen und wünscht sich, für einen Moment schweben zu können, um die Schuhe nicht mit dem Boden in Kontakt kommen zu lassen. Die Existenz solcher Orte ist übrigens einer der Gründe, auch in heißen Ländern, niemals mit Sandalen sondern nur geschlossenen Schuhen unterwegs zu sein.

Männer ertragen wegen gewisser, ergonomischer Vorteile solche Verhältnisse leichter

Viel schlimmer, so wird mir glaubhaft berichtet, geht das WC-Leben mit den Frauen um. Röcke, lange Hosen, Taschen, Kameras gilt es, gut ausbalanciert in Kauerhaltung vor Kontakt mit der Umgebung zu schützen, ohne die Haltung zu verlieren. Chapeau!

Die Einrichtung dieser Örtlichkeiten reicht von “unter aller Sau” bis zu “verwegen konstruiert“. Gewöhnt haben wir uns daran, auf dem Boden ein Loch vorzufinden, mit gut Glück ist es sogar mit einem Rand umgeben oder sitzt inmitten einer flachen Schlüssel. Das europäische Sitzklo findet sich auch, meist aber nur als eine Art Monument, das man bestaunt und ansonsten meidet. Dass es Hybrid-Konstrukte gibt, die beides vereinen, Hock- und Sitzklo in einem sind, haben wir erst in Asien erlebt. Die Benutzung erfordert die Fähigkeit, auf das Konstrukt hinaufzuklettern um dann, erhöht auf diesem Thron zu hocken. Da es offenbar gut zu funktionieren scheint, hat dieses Hybridklo sogar schon Einzug in einige Hotels gehalten.

Wenn Blogs erlauben würden, nicht nur Texte und Bilder zu dokumentieren, sondern auch Gerüche

Dann würde wahrscheinlich mancher Bericht zensiert und auf immer von Google gesperrt werden. Tatsächlich reduziert sich die Verweildauer in indischen Klos in aller Regel auf die Zeitspanne, für die wir das Atemholen unterdrücken können. Eine Sache des Trainings, wenn man länger unterwegs ist.

Was wir erleben, geht auch vielen Indern nicht am Hintern vorbei. Sie fügen sich, das ist eben das Karma, wenn du nicht in der Nähe einer goldenen Kloschüssel geboren bist. Aber sie lassen sich manchmal etwas einfallen. Etwa in Hampi, wo ein kleines öffentliches Häuschen in Form eines Artefakts gebaut ist.

Zur Ehrenrettung Asiens muss erwähnt werden, dass neben dem Hardcoreland Hindustan, die meisten südostasiatischen Nachbarn, Laos, Thailand, Kambodscha und Indonesien, andere Lösungen gefunden haben.

Egal wie ärmlich, wie entlegen, Toiletten sind dort meistens penibel sauber und geruchsfrei. Das ist beachtlich und kommt uns entgegen und gerne greift man dann auch mal tiefer in die Tasche, um einen Schein auf dem Teller am Eingang zu hinterlassen. Das Motiv, ein florierendes Geschäftsmodell aus dem WC-Business zu entwickeln, halten wir für vertretbar. Pecunia non olet („Geld stinkt nicht“), wie die Römer bereits sagten, gilt halt noch heute.

Die Situation in den Unterkünften wollen wir hier nicht beschreiben. Jeder kann bei der Wahl seines Zimmers sehen, was er sich selbst zumuten will oder nicht. Dass man dabei auf Situationen trifft, wo punktgenau über der Kloschüssel eine Dusche angebracht ist, wollen wir dennoch nicht unerwähnt lassen. Aber das wäre schon fast ein neues Thema: “Wie sinnvoll baut man in anderen Ländern Unterkünfte für Leute, die günstig unterkommen wollen, ohne auf das Nötigste verzichten zu müssen?”

unser Tribut zum 19. November Welttoilettentag 

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